Hochwasserschutz: Polder als mögliche Lösung gegen die Fluten
Hochwasser ist ein sehr aktuelles Thema. Wie sieht denn das Hochwasserschutzprogramm am Rhein aus?
Baden-Württemberg hat vor vielen Jahren das Integrierte Rheinprogramm mit den Partnern Frankreich und Rheinland-Pfalz ins Leben gerufen. Im Zuge dessen entstehen in Baden-Württemberg insgesamt 13 Hochwasserrückhalteräume, vornehmlich Polder, entlang des Rheins. Eine Dammrückverlegung, bei der dem Rhein natürliche Überflutungsflächen zur Verfügung gestellt werden, wird in geringem Umfang zur Hochwasserrückhaltung eingesetzt.
Im Großen und Ganzen kann man sagen, dass aktuell vieles für den Hochwasserschutz unternommen wird. Trotzdem sollte das Thema noch relevanter werden. Viele Kommunen beschäftigen sich noch viel zu wenig damit.
Du hast gerade sogenannte Polder erwähnt. Wie kann man sich einen Polder und dessen Funktion vorstellen?
Polder sind Rückhalteräume. Man kann es sich so vorstellen, dass die Tore des Polders bei Hochwasser geöffnet werden und so ein Teil der Hochwasserwelle in den Rückhalteraum fließt. Der Scheitel der Hochwasserwelle wird dadurch gezielt herabgesetzt. Nach dem Durchlaufen der Welle kann das Wasser wieder in den Rhein zurückfließen. Bei ungesteuerten Poldern gibt es keine Tore. Die füllen sich ab einem bestimmten Wasserstand über eine feste Schwelle automatisch.
Polder sind also grundsätzlich künstliche Bauwerke?
Meistens schon. Sie werden aber möglichst naturnah gebaut. Außerdem helfen ökologische Flutungen dabei, Pflanzen und Tiere an den neuen Zustand zu gewöhnen.
Wie funktionieren ökologische Flutungen?
Der planmäßige Retentionsfall und damit die Füllung des Hochwasserrückhalteraums kommt vielleicht alle 20 bis 50 Jahre vor. Um die im Polder vorhandenen Lebensgemeinschaften für große Retentionsflutungen gegen das Hochwasser resistent zu machen, finden in regelmäßigen Abständen kleinere Flutungen des Polders statt. Dann werden beispielsweise schon bei kleineren Hochwassern die Tore geöffnet. Durch die ökologischen Flutungen lernen Tiere Fluchtwege kennen und die Pflanzen gewöhnen sich an die höheren Wasserstände. Das heißt aber auch, dass der Anteil an nicht hochwasserresistenten Pflanzen in dem Raum zurückgeht und sich die Lebensgemeinschaften verändern.
Hochwasserschutz sollte ein relevanteres Thema werden.
Im Zuge des Hochwasserschutzprogramms am Rhein hat CDM Smith ein neues Projekt gewonnen. Wie sieht das Projekt konkret aus?
Wir beteiligen uns an einem großen Planungsprojekt: Dem Bau des Polders im Raum Freistett/Rheinau/Kehl, zwischen Baden-Baden und Offenburg. Der Polder wird einer der geplanten 13 Rückhalteräume des Integrierten Rheinprogramms in Baden-Württemberg. Geplant ist ein steuerbarer Polder mit Ein- und Auslassbauwerken. CDM Smith steht bei diesem Projekt in einer Arbeitsgemeinschaft mit UNGER Ingenieure. Dabei sind wir mit den Objekt- und Fachplanungen von der Grundlagenermittlung über Variantenuntersuchungen bis zum Planfeststellungsverfahren beauftragt. Der offizielle Start des Großprojekts war im Juli 2018. Ich schätze, das Projekt wird rund 15 Jahre bis zur Fertigstellung dauern.
Wird es besondere Herausforderungen beim Bau des Polders im Raum Freistett geben?
Herausforderungen gibt es bei jedem Projekt. Speziell bei diesem ist es die vorhandene Infrastruktur mit Stromtrassen, Landesstraße, Kieswerke, Tanklager und eine Werft, die im zukünftigen Überflutungsgebiet stehen. Zur Zeit liegen diese noch im geschützten Raum hinter dem Stauhaltungsdamm.
Es scheint auch andere Herausforderungen zu geben. Im Zuge der Planungen zum Polder sind auch Bedenken vonseiten der Bevölkerung zu erwarten. Welche sind dies?
Es gibt verschiedene Gründe dafür. Landwirte haben beispielsweise Angst um ihre Felder. Manchmal geht es aber auch um ganz naheliegende Dinge. Ein mögliches zukünftiges Schnakenproblem oder steigende Grundwasserstände und damit nasse Keller, zum Beispiel. In der Vergangenheit haben wir aber immer gute Wege gefunden, diese Probleme zu lösen.
War CDM Smith schon einmal an ähnlichen Projekten beteiligt?
Ja, wir sind und waren bereits an der Planung verschiedener Polder beteiligt. Sehr ähnliche Projekte sind der Rückhalteraum Elisabethenwörth, nördlich von Karlsruhe und der Polder Ichenheim bei Offenburg. Beide zählen wie der Polder Freistett zu den 13 geplanten Rückhalteräumen, die im Zuge des Integrierten Rheinprogramms entstehen.
CDM Smith ist eines der führenden Ingenieur- und Consultingunternehmen in den Geschäftsfeldern Wasser, Umwelt, Infrastruktur, Energie, Bauwerke und Geotechnik. Wir sind Berater und Planer, realisieren aber auch komplette Bauprojekte – für unsere Kunden aus Industrie, Gewerbe und öffentlicher Hand.
Beim Schutz gegen Hochwasser sind technische Lösungen gefragt: Polder zum Beispiel.